Mitten in der Woche saßen 29 Personen im Gastraum der Schaukäserei in dem Ort Wiggensbach im Allgäu, circa 10 Km von Kempten entfernt. Erstaunlich, denn die öffentlichen Führungen finden Mittwochs morgens, um 10:30 statt. Der Ort hat
circa 4800 EinwohnerInnen, hat eine 1000 Jahre alte Kirche, drei Gastwirtschaften wie es hier heißt, eine Pizzeria, ein Co-working space, einen kleinen und einen mittelgroßen Supermarkt, eine Grundschule und eben eine Käserei. Man sieht durch das große Sichtfenster im Gastraum große Behälter aus Stahl. Eine junge Frau erklärt den Prozess der Herstellung der Heumilchprodukte und führt durch die Produktionsräume. Sie beschreibt die Geschichte der Schaukäserei Wiggensbach.
2003 gründeten 8 Landwirte eine Genossenschaft zur Milchproduktion, zunächst angesiedelt in Leutkirch. Seit 2017 befindet sich die Käserei in Wiggensbach. Neben dem Direktverkauf gibt es Restauration mit der Möglichkeit zu frühstücken, Kässpatzen zu essen und Käsekuchen zu verzehren. Auch ein webshop fehlt nicht. Die Schaukäserei beschäftigt derzeit 70 MitarbeiterInnen. Der interaktive Flyer beschreibt den Betrieb als CO2-neutral.
Die Genossenschaft hat die Verarbeitung der Heumilch zwischen 2003 und 2024 von circa 1,2 Millionen Liter auf 4,4 Millionen Heumilch gesteigert. Die Käserei wird von 22 LandwirtInnen (Stand Juni 2025) beliefert. Es wurden zwei Ziegelkeller gebaut. Diese sorgen für gleichmäßige Temperatur und Feuchtigkeit bei der Lagerung von Tausenden Käseleibern. 2020 kam eine Wärmeschaukel dazu, was zu einer deutlichen Stromeinsparung führte. Die Käserei erzeugt mit ihrer Photovoltaikanlage selbst Strom.
Der Begriff Heumilch ist EU-rechtlich geregelt. Die Tiere bekommen kein Silage Futter, sondern fressen Gras oder Heu. Sie bekommen nicht verarbeitetes Salz. Auf diese Weise werden der zusätzliche Anbau von Tierfutter sowie Transportwege eingespart. Nach der Verordnung müssen die Tiere an 120 Tagen im Jahr im Freien sein. Die Hörner der Rinder werden belassen. Das erspart ihnen große Schmerzen. Teilweise arbeiten die Landwirte und Landwirtinnen mit hornlosen Rassen.
Alle Schritte der Käseherstellung erfolgen vor Ort in der Schaukäserei. Die Pasteurisierung, also das Erhitzen auf 72 Grad Celsius sorgt für eine Reduzierung von schädlichen Keimen. Durch das Zentrifugieren wird der Fettgehalt bestimmt. Anschließend werden Milchsäurebakterien zugefügt, sowie das Lab aus Kälbermägen. Die sogenannte Harfe zerteilt den entstehenden Käse in gleich große Käsebruchstücke. Daraufhin geht die Vorform des Käses durch ein Lochsieb. In seiner endgültigen Form wird der Käse dann in den Ziegelkellern gelagert. Das konstante Klima ist für die Reifung der Käseleiber sehr wichtig.

Nach den Statistiken des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) ist Bayern das Bundesland mit der höchsten Produktion von konventionell produzierter Milch. Es liefert 3 Millionen Tonnen Milch. Immerhin 10 %, nämlich 300 000 Tonnen aus Bayern werden ökologisch/biologisch produziert. Das heißt, die Landwirte der Käserei Wiggensbach liefern knapp 1,5 % der bayrischen ökologischen, biologischen Rohmilch.
Die Homepage der Käserei in Wiggensbach führt die landwirtschaftliche Betriebe allesamt als Familienbetriebe auf. Ein Betrieb wird sogar in 7. Generation geführt. Die Rinderzahl der Betriebe variiert von 10 bis 95 Kühen. Die Hektarzahl von drei Höfen, die diese Angabe machten, bewegte sich zwischen 44 und 75 Hektar.
Das Voralpenland wirkt mit seinen unendlichen welligen Grasteppichen immer wieder betäubend durch seine Farbe. Wo man hinsieht, grüne Flächen im hügeligen Allgäu. Die verstreuten Höfe scheinen in diese Landschaft eingepasst. Das Prinzip des „Unter einem Dach leben“ von Mensch und Vieh ist gut zu erkennen. Im rechten Winkel zum Wohnhaus ist in der Regel die Scheune mit seiner Hocheinfahrt zu sehen. Meistens besteht diese aus angehäufter Erde bis zum ersten Stock des Hofes. Über diese Hocheinfahrt können die Traktoren das Heu und das Stroh einbringen. Diese Hofform wird weiterhin für die Produktion von Heumilch geeignet sein.
Und wer bei der Präsenzführung in der Schaukäserei Wiggensbach nicht alles auf Anhieb verstanden hat, kann auf dem interaktiven Flyer der Schaukäserei Wiggensbach die Verständnislücken nochmal nacharbeiten.
CATHERINA STAUCH PHOTO CATHERINA STAUCH
Zum Weiterlesen
https://www.bmleh.de/DE/themen/landwirtschaft/oekologischer-landbau/kontrolle-oekologischer-landbau.html
https://www.schaukaeserei-wiggensbach.de/startseite
